Ich mein‘ ja nur: Sport

Abgesehen von meinem Social-Media-Fitness-Wahn-Text, den ich eigentlich für ein Freifach geschrieben habe, habe ich mich noch nie öffentlich und schriftlich zum Thema Sport geäußert. Ich habe auch ziemlich lange gar nicht oder nur ungern darüber gesprochen, obwohl es eigentlich immer ein mehr oder minder wichtiger Teil meines Lebens war. Ich habe mich nicht kompetent, fit, diszipliniert genug gefühlt. Und dann ist mir klar geworden, dass dieses Gefühl genau daher kommt, dass Leute wie ich eben nicht über Sport reden. Also wird es Zeit, dass wir beginnen, das zu tun.

Früher war alles besser

Ich war ein ziemlich sportliches Kind. Sobald ich laufen konnte, wurde ich auf Schi gestellt und zum Mutter-Kind-Turnen mitgenommen. Ich habe meine Nachmittage im Wald verbracht und meine Wochenenden bei diversen Familien-Ausflügen, die so gut wie immer in Verbindung mit sportlicher Aktivität standen. Egal ob im Turnverein, im Sport-Unterricht oder in der Freizeit: Ich war einfach immer in Bewegung.

Aber wie das nun mal so ist, hört sich das mit zunehmendem Alter irgendwie auf. Auf einmal besteht der Alltag nicht mehr darin, lachend in der Gegend herumzurennen. Also geht man mal joggen, weil man das halt so macht und stellt fest: Ganz schön anstrengend. Zum Lachen ist einem da nicht zumute. Und irgendwie kostet es auch Zeit, von der man plötzlich sowieso immer zu wenig hat. Also lässt man es wieder sein. Zumindest bis zum nächsten Motivationsschub. Oder bis zum Frühling. Vielleicht auch nur, bis das neue Jahr beginnt. Man wird sehen.

Und so vergehen die Jahre und während man einen guten Vorsatz nach dem nächsten bricht, verliert man mit der kindlichen Leichtigkeit auch die Sportlichkeit. Man würde ja gern mehr Sport machen. Soll ja auch überaus gesund sein. Ist ja auch nicht so, dass man es sich nicht immer wieder vornimmt. Aber irgendwann ist die Couch dann doch wieder bequemer als die Laufschuhe und das Fernseh-Programm doch irgendwie spannender als das „Fünf, sechs, sieben, acht!“ der „Fit in den Frühling“-Trainerin.

Wir sitzen alle im selben Boot. Außer die Leute mit Privatjet.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich bei weitem nicht die Einzige bin, die das so oder so ähnlich erlebt hat. Und es nervt. Dass man ständig das Gefühl hat, zu versagen, nicht gut genug zu sein, nicht kompetent, fit oder diszipliniert genug. Eben so gar nicht wie all diese Fitness-Blogger, die scheinbar jeden Morgen voller Energie und Vorfreude auf das anstehende Workout aus dem Bett springen und sich am Weg ins Fitness-Studio noch einen perfekt dekorierten Superfood-Smoothie gönnen, den sie natürlich höchstpersönlich in ihrer stets blitzeblanken Ikea-Katalog-Küche zubereitet haben.

Ja, sowas schüchtert einen als normalen Freizeitsportler ein. Da traut man sich selbst, nachdem man den oben beschriebenen Teufelskreis durchbrochen, „seine“ Sportart gefunden und in den Alltag integriert hat, nicht darüber zu reden. Eben weil ein Statement zum Thema Sport gewisse Erwartungen mit sich bringt. Wenn ich 6x pro Woche trainiere, dann habe ich doch wohl gefälligst auch so auszusehen wie die (Photoshop-)Schönheit am Fitinn-Plakat. Ist doch wohl logisch.

Einen Scheiß muss ich!

Der Moment, in dem ich realisiert habe, dass es genau darum nicht geht, war der Moment, an dem ich endlich Spaß am Training gefunden habe. Und dieser Spaß ist es, der es mir ermöglicht, seit fast drei Jahren beinahe jeden Tag Sport zu treiben.

Ich habe keine Ziele, keine Vorbilder. Ich verspüre nicht das geringste Bedürfnis, einen (Halb-)Marathon zu laufen oder ein bestimmtes Gewicht zu erreichen. Ich besitze nicht mal eine Waage. Und trotzdem springe ich jeden Morgen voller Vorfreude auf das anstehende Workout aus dem Bett. Das ist natürlich gelogen, aber meistens zaubert mir der Blick auf die Trainingsmatte in der Ecke tatsächlich gleich nach dem Aufwachen ein Lächeln ins Gesicht.

Ich verwende sie nicht ausnahmslos jeden Tag und selten länger als eine halbe Stunde, aber ich mach’s. Für mich. Weil es mir gut tut. Weil es mir Energie gibt. Weil es mich herausfordert und mir gleichzeitig immer wieder einen kleinen Triumph ermöglicht. Weil dieses Glücksgefühl nach einem Workout einfach unbezahlbar ist. Und wenn ich trotzdem „nur“ normal aussehe oder wenn man vielleicht sogar mal den 127. Weihnachtskeks, die fünfte Kugel Eis oder das letzte Stück der Familienpizza an meinen Hüften erahnen kann, dann soll’s so sein. Ich habe nie behauptet, perfekt zu sein. Ich habe es nur gewagt zu sagen, dass ich Sport mache.

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