Ich mein’ ja nur: Social-Media-Fitness-Wahn

Eat. Sleep. Train. Repeat. SHARE.

 

„Wenn man kein Foto davon auf Facebook postet, hat man keinen Sport gemacht!“, las ich neulich unter einem Selfie, das zwei krampfhaft motiviert aussehende Jugendliche beim Inlineskaten zeigte. „Aaaaaha“, dachte ich mir und hoffte aus tiefstem Herzen, dass der Zwinkersmiley hinter diesem Satz Ironie suggerieren sollte.

 

Irgendwie ist doch mittlerweile jeder sportlich – oder gibt zumindest in diversen sozialen Netzwerken vor, es zu sein. Geht man jetzt plötzlich lieber ins Fitnessstudio als zu McDonald’s, lieber „pumpen“ als feiern? Ist Sport etwa doch kein Mord und „einfach nur chillen“ nicht mehr das oberste Lebensziel? Versteh‘ mir einer die (Social-Media-)Welt.

 

Bei näherer Betrachtung meines Facebook-Newsfeeds erkenne ich, dass dieser auch schon längst mit dem Fitness-Virus infiziert ist. Da scrolle ich mich nun durch und sehe mir massenhaft Bilder von muskelbepackten Typen und perfekt durchtrainierten, reichlich zur Schau gestellten Mädchenkörpern an. So hat man also auszusehen. Gut zu wissen. Immer schön ins Unterbewusstsein mit diesen Ansprüchen, denen niemand, dessen Leben aus irgendwelchen völlig unverständlichen Gründen nicht nur aus „Eat. Sleep. Train. Repeat.“ besteht, je gerecht werden könnte.

 

Irgendwie frage ich mich dann aber doch, wo all diese schönen Menschen im Alltag bloß stecken. Vielleicht im Fitnessstudio um die Ecke, an dem ich tagtäglich vorbeischlendere. Da sehe ich sie manchmal aus einer gesunden Distanz – zu weit entfernt, um zu erkennen, ob sie wirklich die personifizierte Perfektion sind, die ich nur aus dem Internet kenne. Dort schwitzen sie sich dann sichtbar für alle Passanten das letzte Gramm Fett vom Leib und posten währenddessen ein paar „Progress Pics“, auf denen sie seltsamerweise frisch geduscht und top gestylt sind. Ja, versteh‘ mir einer die (Social-Media-)Welt.

 

Zugegeben, besser als das 437. Partybild ist das ja. Ist doch schön, wenn sich die Jugend um ihre Gesundheit sorgt. Ist auch durchaus vernünftig und erstrebenswert und sowieso ganz großartig. Aber grundsätzlich ist mein Interesse daran, wer wann mit wem wo ins Fitnessstudio geht etwa genauso groß wie jenes daran, was die werten Facebook-Freunde vorgestern zu Mittag gegessen haben – mikroskopisch klein also. Langsam habe ich aber den Eindruck, mit dieser Meinung zu einer vom Aussterben bedrohten Spezies zu gehören. Essensfotos und Trainingsvideos soweit das Auge 
(oder die Internetverbindung) reicht. Selbstinszenierung auf hohem Niveau. Oder so.

 

Aber schon klar: Man hat ja nur dann Sport gemacht, wenn man ein Foto davon auf Facebook postet. Und es wäre doch wirklich jammerschade, wenn man sich umsonst abrackern würde. Also am besten gleich mal ein eigenes Album anlegen – nur zur Sicherheit.

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