Ich erinnere mich daran, das erste Mal von San Fermín zu hören – und nicht ganz durchzublicken. Ich erinnere mich daran, ein bisschen zu recherchieren, um herauszufinden, worauf um alles in der Welt ich mich da einlasse – und immer noch nicht ganz durchzublicken. Ich erinnere mich, hinzufahren – und nicht ganz durchzublicken. Ich erinnere mich, dort zu sein – und absolut nicht durchzublicken. Und ich erinnere mich, wieder nach Hause zu fahren – und immer noch nicht durchzublicken.
Ein paar Dinge hab’ ich trotzdem darüber gelernt, und zwar auf die harte Tour. Hier sind ein paar Tipps, von denen ich wünschte, jemand hätte sie mir vor meinem ersten San Fermín-Besuch gegeben.
1. Spanisch lernen!
Ich hatte das Glück, mit einem mexikanischen Freund unterwegs zu sein, der geduldig genug war, den Übersetzer zu spielen. Aber es gab trotzdem zahlreiche Situationen, in denen ich mir wünschte, Spanisch zu sprechen (oder zumindest zu verstehen). Ich weiß ja nicht, ob die Einheimischen tatsächlich nicht Englisch können oder einfach keine Lust drauf haben, aber wie dem auch sei: Man kann dort ohne Spanisch-Kenntnisse nicht wirklich kommunizieren. Und ich bin der Meinung, dass es definitiv zur San-Fermín-Erfahrung gehört, sich mit wildfremden Menschen auf der Straße zu unterhalten. Plus, wie immer: Es hilft natürlich, sich nicht wie ein dummer Tourist zu fühlen, wenn man die lokale Sprache spricht.
2. Weiß tragen!
Apropos sich wie ein dummer Tourist fühlen: Während der Fiesta trägt die ganze Stadt Weiß. Ja, DIE GANZE VERDAMMTE STADT. Man fällt also definitiv auf, wenn man es nicht tut. Und fühlt sich vollkommen fehl am Platz. Und wie ein dummer Tourist. Der vollkommen fehl am Platz ist. Also vorbereiten und wenigstens ein weißes T-Shirt anziehen!
3. Früh genug buchen!
… oder es kann passieren, dass man auf einem Campingplatz in einem anderen Ort landet (oder eben nicht dort landet, weil man nicht hinkommt), von dem es genau eine Busverbindung pro Tag nach Pamplona gibt (und zwar um 05:45 Uhr morgens) und eine retour (um 9 Uhr, ebenfalls morgens). Wer also nicht unbedingt das Bedürfnis danach verspürt, in einer Busstation oder im Park zu schlafen (was allerdings vollkommen in Ordnung ist), sollte seine Unterkunft möglichst früh reservieren. Da die Fiesta ziemlich beliebt ist, sind die Hostels und Campingplätze in der unmittelbaren Umgebung schon lange vorher ausgebucht.
4. Auf seine Sachen aufpassen! Grundsätzlich sind dort immer überall Unmengen an Menschen und vergleichbare Mengen an Alkohol, also kann man relativ leicht bestohlen werden, wenn man nicht aufpasst. Ich würde empfehlen, nur das Allernötigste (also Bargeld) bei sich zu tragen und alles andere sicher in einem Schließfach (zum Beispiel bei der geliebten Busstation) du deponieren. Wobei es natürlich auch eine Erfahrung für sich ist, nach 2 Tagen purem Chaos und quasi keinem Schlaf Formulare auf einer spanischen Polizeistation auszufüllen. Muss dann jeder selbst entscheiden, was ihm lieber ist.
5. Ausreichend essen!
Wie bereits erwähnt, sind dort grundsätzlich immer und überall Unmengen an Alkohol. Und egal, was mich vornimmt: Man wird definitiv einen beachtlichen Anteil an diesem scheinbar endlosen Vorrat trinken. Kombiniert mit dem stunden- (oder tage-)langen durch die Straßen laufen und springen, kann das ganz schön an die Substanz gehen. Dementsprechend ist zumindest eine vernünftige Mahlzeit am Tag und literweise Wasser lebensnotwendig. Ernsthaft. Natürlich gibt es überall Sandwiches und Snacks zu kaufen, aber wenn man sich nicht unbedingt spätestens am zweiten Tag wie ein Häufchen Elend fühlen will, sollte man unbedingt gelegentlich eine vollständige und warme Mahlzeit zu sich nehmen.
6. Eintauchen!
Ich komme hier nicht darum herum, Ernest Hemingway, dem San Fermín seine weltweite Bekanntheit zu verdanken hat, zu zitieren. Er bringt es einfach perfekt auf den Punkt:
„Es hielt Tag und Nacht an, sieben Tage lang. Das Tanzen hielt an, das Trinken hielt an, der Lärm hielt an. Die Dinge, die passierten, konnten nur während einer Fiesta passieren. Alles wurde ziemlich surreal und es schien, als könnte nichts irgendwelche Konsequenzen haben. Es erschien fehl am Platz, während der Fiesta an die Konsequenzen zu denken.“
(aus: Ernest Hemingway – Fiesta, frei übersetzt)
Ich sehe San Fermín irgendwie wie das Las Vegas Europas. Nicht, dass die zwei sich in ihrem Wesen in irgendeiner Form ähneln würden. Aber sie haben doch beide eine ganz bestimmte, unvergleichliche Absurdität in sich, die ich bisher nirgendwo sonst erlebt habe. Im Nachhinein betrachtet ergeben beide absolut keinen Sinn, aber ich weiß, dass sie das in dem Moment, als ich dort war, auf ihre eigene und verwirrende Art und Weise getan haben. Was dort passiert, bleibt dort, also kann man genauso gut einfach eintauchen und genießen. Obwohl ich immer noch nicht vollständig begriffen habe, was dort tatsächlich passiert ist.
Alles, was ich weiß, ist, dass unser Campingplatz irgendwo im Nirgendwo war, mit quasi absolut keiner Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. Aber das war irrelevant. Wir haben zwei Nächte am Boden einer Busstation verbracht. Aber das war irrelevant. Uns beiden ist die Geldtasche und mir auch das Handy gestohlen worden. Aber das kam uns alles so unwirklich vor, dass es irgendwie auch irrelevant war. Wir waren so gefangen in diesem Wahnsinn, der uns unaufhörlich umgab, dass alles irgendwie irrelevant war. Alles, bis auf die Fiesta. Die Fiesta und die Sonne, die irgendwann immer auch wieder aufgeht.
Was um alles in der Welt ist San Fermín?!
Im Grunde ist es eine alljährliche Woche puren Wahnsinns, der sich über ganz Pamplona (Navarra, Spanien) erstreckt. Es ist ein Festival mit Konzerten, allen möglichen Shows und willkürlichen Paraden. Es ist eine ganze Stadt voller Menschen, die auf der Straße trinken, tanzen, genießen. So weit, so gut.
Aber es ist auch der Stierlauf, der ziemlich genau das ist, worauf der Name schließen lässt: Stiere, die durch die Stadt laufen – und Leute, die mit ihnen um die Wette rennen. Und dann sind da natürlich die Stierkämpfe. Aber wie gesagt: Ich blick’ immer noch nicht ganz durch. Für mehr (oder brauchbarere) Infos empfehle ich daher: http://www.sanfermin.com/en/